In den USA war Hannah Arendt seit 1960 eine führende öffentliche Intellektuelle. Dass sich Macht nicht der Gewalt, sondern der Zustimmung der Bürger:innen verdankt; dass der Sinn von Politik die individuelle Freiheit ist; dass Gehorsam keine Tugend ist, die von der eigenen Verantwortung befreit: Das alles wird...
Einleitung: Die erste Flucht als Siebenjährige I. Deutschland im Zeichen des Antisemitismus Königsberg: Kindheit und Jugend im Schatten der Diskriminierung Berlin: Studium vor dem Abitur Marburg: Studium, Freundschaften Freiburg: Husserl als Ausweg von Heidegger zu Jaspers Heidelberg: Webers Salon und Augustins Liebesbegriff Frankfurter Eskapaden mit Zigarettenspitze II. Auf der Flucht Berlin: Arendt im Widerstand gegen die Nazis Prag und Genf: Über die ¿grüne` Grenze Paris: Parvenü und Paria: Rothschild und Blücher Vorkriegs-Antisemitismus in Frankreich III. Die Liebende und Rahel Varnhagen Schönheit und Bildung Der Salon, der Parvenü und die Affären Serielle Monogamie, Emanzipation, Freundschaft Assimilierung, Ebenbürtigkeit, Unabhängigkeit IV. Flucht auf Leben und Tod Gurs: gefangen im Lager während des deutschen Vormarsches Montauban: unter polizeilichem Verfolgungsdruck V. In New York angekommen Die Nachrichten vom Holocaust Die schrecklichen neuen Elemente (. . .) totaler Herrschaft (1951) Die durch den Totalitarismus zerstörte Kommunikation Die Palästina-Frage VI. In New York wacklig etabliert Eine existentielle Bedrohung durch die McCarthy Ära Kritik an Arbeiten und Herstellen: Vita activa (1958) Politisches Handels als Kommunikation: Bruch mit dem Mainstream Das erste Mal in der öffentlichen Schusslinie: Little Rock Über die Revolution (1962) zur partizipatorischen Demokratie VII. Opfer einer Kampagne: Eichmann in Jerusalem (1963) Kritik an der Untertanen-Moral Das Denken als Gefährdung des Gehorsams Kollaboration und Widerstand Die Liebe zum jüdischen Volk Das Wollen als Grundlage der Freiheit VIII. Die engagierte Philosophin in der US-amerikanischen Öffentlichkeit Kennedy-Ära und Vietnamkrieg: die Republik in Gefahr Studentische Proteste und politische Morde: Macht und Gewalt (1970) Politische Engagements für die Demokratie ¿Ich will verstehen¿ Der Abgang Höchste Ehrungen Zitierte und erwähnte Literatur Personenregister
In den USA war Hannah Arendt seit 1960 eine führende öffentliche Intellektuelle. Dass sich Macht nicht der Gewalt, sondern der Zustimmung der Bürger:innen verdankt; dass der Sinn von Politik die individuelle Freiheit ist; dass Gehorsam keine Tugend ist, die von der eigenen Verantwortung befreit: Das alles wird seinerzeit heiß diskutiert. In Deutschland dagegen übergeht man ihr Plädoyer für eine partizipatorische Demokratie, man will nicht wissen, ob sie politisch links oder rechts steht, sondern sieht sich allenfalls gezwungen, sie als verfolgte Jüdin in Ehren zu halten. Erst Jahrzehnte später gewinnen ihre Ausführungen über Pluralität und Vielstimmigkeit hierzulande an Resonanz, auch aufgrund ihrer eigenständigen Denkweise und ihrer Forderung nach freier politischer Diskussion. Hannah Arendt gilt heute als eine der bedeutendsten Philosophinnen des 20. Jahrhunderts. Das Porträt zeichnet ihr spannendes Leben nach und führt grundlegend in ihr Denken ein.
Hans-Martin Schönherr-Mann lehrt politische Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und ist regelmäßiger Gastprofessor an den Universitäten Innsbruck, Eichstätt-Ingolstadt und der Venice International University. Seine Arbeitsgebiete sind u. a. Ethik, Hermeneutik und Sprachphilosophie. In der Weimarer Verlagsgesellschaft ist zuletzt von ihm erschienen: Friedrich Nietzsche. Leben und Denken (2020).
Es gibt für Arendt keine notwendigen Abläufe der Geschichte, die den Beteiligten die Verantwortung abnehmen, und die die Entwicklung vorhersehbar werden lassen. Auf das Urteil der Geschichte wartet sie nicht, sondern fordert, dass die Menschen selber urteilen, um sich nicht zum Komplizen von Verbrechen zu machen und um nicht gegen ihre eigenen Interessen zu handeln. (aus dem Inhalt)